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Betretenes Schweigen, ungläubiges Staunen, Verwunderung.
Das seien die Reaktionen der Festausschuss-Mitglieder gewesen, als sie die schlechten Nachrichten aus dem Munde der Rathaus-Chefin vernahmen. Büttner selbst ging es nicht anders.
Sie wollte in München in der vergangenen Woche eine "schöne Kopie" der Originalurkunde bekommen.
| Und dann das. Die Erwähnung Tagmersheims in dem angeblich 1000 Jahre alten Schriftstück ist alles andere als ein Echtheits-Zertifikat, sagte ihr eine Archivarin.
Die Urkunde, in der unter anderem der nordschwäbische Ort als Schenkung Kaiser Heinrichs II. an das Benediktinerinnen-Kloster Neuburg erwähnt wird, sei schlicht gefälscht.
"Aus heutiger Sicht eine dilettantische Arbeit", sagt Horst Zimmerhackl, Geschäftsführer des 1890 gegründeten Deutschen Instituts zur Erforschung des Mittelalters. |
Eine Urkunde Heinrichs II. aus dem Jahr 1007 wurde Jahrhunderte später einfach hergenommen und wortgleich kopiert - Rechtschreibfehler inklusive. Lediglich die Ortsnamen wurden ausgetauscht. Nicht mehr das Nonnenkloster Bergen bekam die einstigen Besitzungen des Grafen Ernst zu Dollnstein. In der Kopie stehen die Neuburger Benediktinnerinnen, die sich neben Tagmersheim auf Zell (bei Neuburg/Donau) und Mehring (Großmehring bei Ingolstadt) freuen durften.
Ist damit das Ende der Jubiläumsfeierlichkeiten in den drei Orten gekommen, noch ehe sie begonnen haben?
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Nicht, wenn es nach dem Neuburger Stadtheimatpfleger Roland Thiele geht. "Ich hätte keinerlei Bedenken, wenn die Zeller ihr 1000-jähriges Bestehen feiern. Vermutlich ist der Ort noch älter." Fälschungen, zitiert Thiele aus einem Buch des renommierten Geschichtswissenschaftlers Horst Fuhrmann, seien damals an der Tagesordnung gewesen. So sei beispielsweise die Geschichte keines einzigen deutschen Bistums frei von Fälschungen. Warum wurde ohne große Bedenken auch im Nachhinein getrickst? Fuhrmanns Erklärung: Etwa um den Besitz eines Konvents zu dokumentieren. Die Bedeutung eines schriftlichen Beweisstücks nahm erst im Laufe der Jahrhunderte zu.
Auch in München hebt niemand den historischen Zeigefinger und rät jetzt, die Feiern abzublasen. "Ich finde es gut, dass ein Ort auf seine Geschichte Wert legt", sagt Instituts-Geschäftsführer Zimmerhackl. Die Bürgermeisterin des 800-Einwohner-Dorfes Tagmersheim will es jetzt allerdings genau wissen und einen Historiker beauftragen, weitere Beweise für das Alter ihrer Gemeinde zu finden.
Dass 2007 - wie auch immer - gefeiert wird, steht trotz des Dämpfers für Büttner außer Zweifel. "Wir wollen auch unsere ehemaligen Bürger einladen." Doris Schröder-Köpf, Ehefrau des Exkanzlers, steht mit auf der Liste.
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